Rückblick
„Es ist ein Heimkommen für mich“ (Doris Angel)
Eine Auswahl an Stimmen und Zitaten anlässlich der Besuche der Familie Löwenstein in den Jahren 2009, 2011 und 2013
Im September 2007 gründeten Bürgerinnen und Bürger den Löwenstein-Forschungsverein. Eineinhalb Jahre lang suchten sie intensiv nach Spuren der Löwensteins und nach den Nachkommen von Artur und Felix Löwenstein. Im Frühsommer 2009 reiste eine Delegation des Vereins zu einer ersten Zusammenkunft nach Manchester. Die Delegation überbrachte Doris Angel, der Tochter von Felix Löwenstein, und Harold Livingston, dem Sohn von Artur Löwenstein, die gemeinsame Einladung der Stadt Mössingen und des Löwenstein-Forschungsvereins zu einem ersten Besuch nach Mössingen.

Nach mehr als 60 Jahren: Besuch von Mitgliedern der Familie Löwenstein in Mössingen. Von links nach rechts: Ann Angel, Doris Angel, Tony Paxton, Sandra Lustig, Ronnie Jacob, Jacqueline Cowley, Harold Livingston, Catherine Lustig-Radt. Auf den Bildern im Hintergrund sind die Pausa-Gründer:innen zu sehen. Links: Helene und Felix Löwenstein, rechts: Flora und Artur Löwenstein
Werner Fifka, Oberbürgermeister der Stadt Mössingen (2009)
„Im Namen der Großen Kreisstadt Mössingen und im Namen seiner Bürgerinnen und Bürger möchte ich Sie, Frau Angel, und Sie, Herr Livingston, sowie die weiteren Mitglieder der Familie Löwenstein, auf das herzlichste hier begrüßen und willkommen heißen. Es war und ist mir als Oberbürgermeister ein persönliches und nachhaltiges Anliegen, Sie in einer Geste des Aufeinanderzugehens und des aufrichtigen Dialoges anzusprechen. Ich bin dankbar dafür, dass Sie unsere Einladung angenommen haben und nach fast 73 Jahren zum ersten Mal wieder hierher an diesen Ort zurückgekehrt sind. Ich bin sicher, dies war für Sie kein einfacher Schritt. Für mich und für viele hier im Raum ist es ein bewegender Moment, wenn wir uns der Geschichte der Brüder Löwenstein und der Geschichte der Pausa in Ihrem persönlichen Beisein bewusst zuwenden.“
„Die Brüder Artur und Felix Löwenstein waren hochbegabte, liberale und weltoffene Menschen, die aus ihrem jüdischen Elternhaus in Stuttgart ihre sozialen und ethischen Grundwerte mitbekommen haben. Sie waren zwei von neun Geschwistern. Sie waren innovative schwäbische Tüftler und Macher, wie man sie sich nicht besser wünschen konnte. In den Anfangsjahren der Pausa AG wohnten die beiden Brüder noch in Stuttgart und kamen nur zur Arbeit nach Mössingen. Nach 1929 änderte sich dies. Artur und Felix Löwenstein wohnten in Mössingen und fuhren nur am Wochenende nach Stuttgart. Sie waren Mössinger geworden. Sie gehörten zur Mössinger Bürgerschaft. Sie waren Teil der Stadt.“
„Es ist damals Unrecht geschehen in unserer Stadt und es ist Zeit, darüber zu sprechen. Es waren aktive Nationalsozialisten und ihre Mitläufer, die die Vertreibung der Löwensteins aus Mössingen und die Zwangs,arisierung‘ ihres Betriebes, in die Wege leiteten. Diese Vorgänge waren Unrecht. Es waren antisemitische Verbrechen. Das Tübinger Landgericht hat diese Vorgänge 1949 und 1950 verhandelt und unzweideutig festgestellt, dass die so genannte ,Arisierung‘ unrechtmäßig und die ,Arisierer‘ – so das Gericht wörtlich – ,bösgläubig‘ waren.“
„Auch die damalige Verwaltung der Stadt Mössingen hatte sich mit schuldig gemacht und wurde verurteilt. Sie war dem unrechtmäßigen Handeln, das den Löwensteins widerfuhr, nicht nur nicht entgegentreten, sondern hatte dem zum Teil die Tür geöffnet. Die Menschen, die heute in Mössingen leben, die in Verwaltung und Wirtschaft Verantwortung tragen, sind zu jung, um Täter gewesen sein zu können. Wir sind nicht schuldig im unmittelbaren Sinne. Wir tragen aber moralische Verantwortung für unser Gemeinwesen und für die menschliche Weiterentwicklung unserer Gesellschaft.“
„Auch wenn heutige Worte das damals Geschehene nicht mehr verändern können, so bitte ich Sie beide für das Ihnen zugefügte Leid und für das Leid, das man Ihren Vätern und Müttern zufügte, im Namen der Stadt Mössingen um Entschuldigung und bitte Sie, diese anzunehmen. Artur und Felix Löwenstein waren Teil der Mössinger Geschichte und sie sollen es fürderhin sein und bleiben. Dies wurde heute am Vormittag symbolisch unterstrichen, als sich Doris Angel und Harold Livingston in Erinnerung an ihre Väter ins ,Goldene Buch‘ der Stadt Mössingen eintrugen.“
Irene Scherer, Vorsitzende des Löwenstein-Forschungsvereins (2009)
„Wir sind hierher gekommen, um uns gemeinsam öffentlich zu erinnern. Wir wollen mit Felix und Helene Löwenstein sowie Artur und Flora Löwenstein vier Menschen würdigen, deren Spuren verdrängt wurden und die scheinbar aus der Geschichte heraus gefallen sind. Wir sind hierher gekommen, um das Wort zu erheben über zurückliegendes Unrecht, das bis heute wirkt. Wir sind hierher gekommen, um endlich denen die Hand zu reichen, die vor vielen Jahrzehnten mit Hass verfolgt, bedroht und schändlich aus Mössingen vertrieben wurden. Wir wollen die Geschichte der Löwensteins zu einem immer präsenten und rückbesinnenden Teil der Zukunft Mössingens machen. Das Jahr 2009 bietet dazu vielfältigen Anlass. Es markiert unter anderem den 50. Todestag von Artur Löwenstein, der 1959 starb. Liebe Doris, lieber Harold, wir sind sehr froh darüber, dass Ihr den Weg nach Mössingen gefunden habt, dass Ihr Euch unserer Bitte um das Gespräch so unvoreingenommen gezeigt habt. Ihr seid uns mit offenen Armen und mit Herzlichkeit begegnet. Es ist eine Herzlichkeit, die mit großer Kraft über vergangenes Unheil und Leid hinweg schreitet, ohne dieses auszublenden.“
„Drei Wochen lang bereiteten wir unseren ersten Brief vor. Er sollte einfühlsam sein, glaubwürdig und einladend. Aus anderen Zusammenhängen wussten wir, wie entscheidend der erste Eindruck sein kann, wenn alte Wunden berührt werden und wenn ganz plötzlich die Sprache der Kindheit zurückkommt. Doch die ersten Reaktionen von Doris Angel und Harold Livingston gaben uns Hoffnung. Harold Livingston schrieb: ,Es gibt mir große Genugtuung zu wissen, dass die Stadt Mössingen durch Ihren Forschungsverein die Arbeit meines Vaters Artur Löwenstein und Onkel Felix für die Zukunft bewahren wollen.‘ Aus seiner zweiten langen autobiografischen Botschaft war aber doch zu erkennen, wie nah das Vergangene noch immer ist. Harold erklärte im Rahmen der Schilderung seines Lebens: ,The Nazis could not manage to kill me.‘ ,Die Nazis hatten es nicht geschafft, mich zu töten.‘ − Ein harter, ein klarer Satz, in dem nichts vergessen ist. […] Diese erste Begegnung war sehr bewegend. Lange ausführliche Gespräche ließen viele Jahrzehnte wieder lebendig werden, ließen Kindheit und die schwäbische Sprache zurückkehren. Doris Angel antwortete am Ende auf die Frage, was sie empfinde, wenn sie jetzt nach Mössingen reise: ,Es ist ein Heimkommen für mich.‘“
Doris Angel, Tochter von Felix Löwenstein (2009)
„Wir sind heute zusammengekommen, um das Andenken an Artur und Felix Löwenstein zu ehren, zwei schöpferische und fleißige Unternehmer. Unsere Väter waren maßgeblich an der Begründung der modernen Wirtschaft von Mössingen beteiligt. Harold und ich freuen uns, dass die Stadt heute blüht und gedeiht, und besonders darüber, dass die Stadtverwaltung und viele Mössinger Bürger die Leistungen der Brüder Löwenstein anerkennen und würdigen.“
Harold Livingston, Sohn von Artur Löwenstein (2009)
„Es ist wirklich erstaunlich, dass nach so langer Zeit die geschäftliche und künstlerische Seite der Pausa mit ihrer Verbindung zur Bauhaus-Kultur jetzt hier in Mössingen gefeiert wird – mit Nachkommen und anderen Mitgliedern der Familien der Gebrüder Artur und Felix Löwenstein. […] Ich muss mich sehr bedanken bei Ihnen Herr Oberbürgermeister und beim Löwenstein-Forschungsverein.“
Michael Bulander, Oberbürgermeister der Stadt Mössingen (2011)
„Mit dem heutigen Tag und der Benennung dieses Platzes wird der Name Löwenstein mit der Stadt Mössingen noch stärker, enger und dauerhaft verknüpft. Wir wollen damit die Arbeiten von Artur und Felix Löwenstein würdigen und an deren Wirken, Handeln und ihrem Schicksal erinnern. Würdigung heißt auch Erinnerung. Und die Erinnerung ist Teil der Verantwortung, die wir als nachfolgende Generation haben. Wir wollen dauerhaft die Erinnerung an die Menschen wach halten, die hier in Mössingen vieles für die Stadt und die Gemeinschaft bewegt haben. Möge uns dieser Platz das Andenken an die beiden Firmengründer Artur und Felix Löwenstein bewahren. Deshalb lassen Sie uns nun gemeinsam diesem Platz symbolisch den Namen Löwensteinplatz geben, indem wir die Hausanschrift dieses historischen und neu sanierten Gebäudes enthüllen.“
Joachim Walter, Landrat des Landkreises Tübingen (2011)
„Die Geschichte der Löwensteins und damit die Geschichte der Juden in Mössingen endete mit dem nationalsozialistischen Terror. Die Gebrüder Löwenstein mussten 1936 vor den Nazis fliehen. Damals hieß es: ,Sie mussten ihre Fabrik unter Wert verkaufen‘. Das war gelogen: Sie wurden schlicht und ergreifend enteignet. Die einen profitierten, die anderen schauten weg, niemand unternahm etwas! Auch die Behörden wirkten bei der Enteignung eng zusammen. Unter anderem auch der damalige Landrat von Rottenburg, der neben dem Bürgermeister und den Bankiers in den Gesprächen, die der Enteignung voraus gingen, dabei war. Ich bin dankbar, dass Doris Angel und Harold Livingston, die Kinder der Gebrüder Löwenstein heute bei uns sind. Ich darf Sie herzlich begrüßen und bin auch dankbar dafür, dass ich in einem vorausgehenden Gespräch mich persönlich für das Vorgehen des damaligen Landrats entschuldigen konnte.“
Irene Scherer, Vorsitzende des Löwenstein-Forschungsvereins (2011)
„Wir nehmen 2011 den schwarzen Jahrestag, an dem sich die Vertreibung der Familie Löwenstein aus Mössingen im Dezember 1936 zum 75. Mal jährt zum Anlass einer großen Kraftanstrengung: Wir wollen das Verbindende suchen. Das, was Euch liebe Löwensteins mit Mössingen verbindet. Das was Mössingen mit der Pausa verbindet. Das, was die Alte Pausa der zwanziger Jahre mit der Neuen Pausa der Nachkriegsjahre verbindet. Eine verbindende Achse zwischen den Löwensteins und der Pausa, zwischen der Pausa und Mössingen, zwischen der Alten Pausa vor 1933 und der Neuen Pausa nach 1950 war das kreative Umgehen mit den langwelligen Impulsen des Bauhauses, die insbesondere Felix Löwenstein auslöste. Kunst und Drucktechnik, Kultur und Wirtschaft, handwerkliche Einzelfertigung und brillante Vervielfältigung – hier liegt die Kontinuität des Traumes von Felix und Artur Löwenstein von 1919 bis zur Gegenwart. Hierin liegt der noch zu hebende Schatz Mössingens. An diesem Vorschein der Kreativität gilt es verstärkt zu arbeiten.“
„Im Sommer vergangenen Jahres haben wir die Initiative gestartet, den Tag des 22. Juli zu einem jährlich wiederkehrenden Tag des bürgerschaftlichen Erinnerns zu erklären. Es ist ein Tag der Hoffnung, denn es war der Tag des ersten Empfanges der Löwensteins 73 Jahre nach ihrer Vertreibung. Der 22. Juli ist ein positiver Mosaikstein für eine wieder gemeinsame Zukunft.“
Joachim Walter, Landrat des Landkreises Tübingen und Vorsitzender des Verwaltungsrates der Kreissparkasse Tübingen (2013)
„Es ist mir eine große Freude und zugleich eine große Ehre, Sie, die Nachfahren der Brüder Löwenstein, hier in Mössingen, wo die Wurzeln Ihrer Familie im Landkreis Tübingen liegen, herzlich begrüßen zu dürfen. Ihre Vorfahren haben dem Textildruckunternehmen Pausa und damit dessen Standort Mössingen zu internationalem Renommee und zu einer Rolle in der Welt von Design, Kunst und Kultur verholfen! Wenn wir uns heute hier mit Ihnen treffen, steht jedoch ein anderes Thema im Mittelpunkt, das Unrecht, das Ihrer Familie im nationalsozialistischen Deutschland im letzten Jahrhundert widerfahren ist. Zu diesem Thema möchte ich ganz bewusst zu Ihnen sprechen als derjenige, der dem früheren Rottenburger Landrat, der auch Verwaltungsratsvorsitzender der Kreissparkasse Rottenburg war, im Amt gefolgt ist und der heute Verantwortung für beide Institutionen trägt. Ich darf auch im Namen des Vorstandes der Kreissparkasse Tübingen sprechen. Wir sind heute alle aufgerufen, auf die damaligen Vorgänge zu schauen und uns Fragen für die Gegenwart zu stellen. Damals wie heute war es nicht ein anonymer Staat, sondern konkrete Personen, die handelten.“
„Wenn es in den Unterlagen der früheren Kreissparkasse Rottenburg relativ lapidar zum Jahr 1936 heißt, die Gebrüder Löwenstein in Mössingen, das zum Oberamt Rottenburg gehörte, hätten sich ,entschlossen, die in ihren Händen befindliche Aktien und den Betrieb rasch möglichst zu verkaufen‘, dann können wir diese Aussage aufgrund des derzeitigen historischen Kenntnisstandes gut einordnen, indem wir sie mit anderen Vorgängen der damaligen Zeit im Deutschen Reich vergleichen. Ich spreche von der von den Nationalsozialisten als ,Arisierung‘ verharmlosend bezeichneten rechtswidrigen Enteignung jüdischer Mitbürger. Diese ,Arisierung‘ war einer der Schritte, die im verhältnismäßig Kleinen begannen und letztlich im kaum vorstellbaren Verbrechen des Holocaust endeten, wo Millionen Menschen alles genommen wurde: Die letzten Kleidungsstücke, das Zahngold, ihre Haare, ihr Körper, ihr Leben!“
„Lokale Parteiinstanzen, untere Verwaltungsbehörden und die regionalen Wirtschaftsverbände machten mit Denunzianten und Gewinnlern gemeinsame Sache und wurden zum Motor der ,Arisierung‘ vor Ort. Ohne durch rechtliche oder gesetzliche Maßnahmen dazu gezwungen zu sein, drängten Entscheidungsträger vor Ort unter Ausschöpfung und Überschreitung ihrer Befugnisse jüdische Unternehmer ins Abseits. Es kristallisierten sich regelrechte Ausgrenzungsmodelle heraus, zu denen der Entzug öffentlicher Aufträge gehörte, zu denen immer wieder örtliche Kreditinstitute ihre Kenntnisse beitrugen, etwa indem sie im Kern gesunden Unternehmen Kredite für eine Zwischenfinanzierung versagten, Kredite kündigten, die Zwangsversteigerung voran trieben. So auch im Fall der Brüder Löwenstein.“
„Mit dem von der Kreissparkasse rückgeforderten Kredit und der Drohung des Boykotts von Waren der PAUSA erpressten die Vertreter von staatlichen Stellen und Kreditinstituten die jüdischen Unternehmer. Die Partei würde dafür sorgen, so bekamen die Löwensteins zu hören, dass die Firma als jüdisches Unternehmen künftig keinerlei Umsätze mehr im Inland machen werde. Ohne jeden rechtsstaatlichen Schutz sahen die Löwensteins nur noch den Weg, ihre Aktien zu verkaufen und mit ihren Familien auszuwandern. Zu einem wohl auch mit Hilfe der staatlich sanktionierten Intrige auf etwa ein Fünftel des Wertes gedrückten Preis erwarb schließlich am 19. November 1936 die Wannweiler Firma Richard Burkhardt und Burkhardts Schwiegersohn Werner Greiner die PAUSA. Entlarvend, wie rasch nach dem Besitzerwechsel wieder Kredite der Kreissparkasse und Bürgschaften der Stadt Mössingen für die neuen Besitzer flossen! Und der Mössinger Bürgermeister samt Stadtrat äußerte sich befriedigt darüber, dass es endlich gelungen sei, das Unternehmen in arische Hände zu bringen. Ein großes Dankeschön auch dem Löwenstein Forschungsverein, der sich um die Aufarbeitung der Geschehnisse große Verdienste erworben hat.“
„Wir alle vertrauen darauf, dass unsere unter dem Dach Europas etablierte demokratische Gesellschaft stabil genug ist, um solchen Anfechtungen zu widerstehen. Das ist aber nichts, was ohne Zutun einfach bleibt: Es ist auch heute notwendig, sich der damaligen Ereignisse zu erinnern, sie aufzuarbeiten, immer wieder innezuhalten und sich dazu positionieren. Und das, meine Damen und Herren, liebe Nachfahren der Familie Löwenstein, wollen wir heute tun. Dass ein deutsches Gericht am 29. November 1950 dafür sorgte, dass die Familie Löwenstein wenigstens für einen großen Teil des 1936 geraubten Vermögens entschädigt wurde, kann nur ein erster Schritt gewesen sein. Was damals geschah, war und bleibt Unrecht! Als Landrat, der auch Verwaltungsratsvorsitzender der Kreissparkasse ist, will ich mich bei Ihnen, sehr geehrte Frau Angel, bei Ihnen sehr geehrter Herr Livingston und bei der ganzen Familie nochmals für das Ihren Vätern, Großvätern und Urgroßvätern, den Brüder Löwenstein von denen, die damals Verantwortung trugen Angetane in aller Form entschuldigen und Sie um Verzeihung bitten.“
Doris Angel, Tochter von Felix Löwenstein (2013)
„Harold und ich sind auf Einladung des Löwenstein-Forschungsvereins und des Theaters Lindenhofs hierhergekommen. Wir sind beide vor allem hier, um an unsere Eltern und deren Leistungen zu erinnern. Aus Anlass einer Sondervorstellung des Theaterstücks ,Ein Dorf im Widerstand‘, der Veröffentlichung eines einzigartigen Buchs und der Gründung einer Forschungs- und Archivstelle sind wir mit zwei weiteren Generationen unserer Familie nach Mössingen gereist. Diese drei Veranstaltungen sind außerordentlich bewegend.“
„Wir waren alle beeindruckt und bewegt von der erstaunlichen und bildmächtigen Vorstellung des Theaters Lindenhof. Das starke Engagement einer so großen Gruppe von Mitwirkenden spiegelt wider, wie wichtig es ist, an diejenigen Menschen einer vorangegangenen Generation zu erinnern, die in einem feindseligen Umfeld aufgestanden sind, um zu protestieren.“
„Schließlich ist mir die Gründung der Löwenstein-Forschungs- und Archivstelle eine Herzensangelegenheit. Auf einer persönlichen Ebene bin ich mir sicher, dass die Forschung nicht nur die Leistungen meines Vaters und meines Onkels, sondern auch den Beitrag vieler in die Pausa involvierter Menschen ans Licht bringen wird. Sie wird sicherlich auch ein Schlaglicht auf schwierige Wahrheiten über Unrecht in der Vergangenheit werfen. Die Untersuchung der Beziehung zu Professor Adolf Löwe und meiner Tante Bea wird ein besonders interessanter Aspekt sein.“
„Ich hoffe, dass diese Projekte als Inspiration dienen, um sicherzustellen, dass die Gesellschaft Rassismus und Vorurteile frühzeitig erkennt und begegnet, indem Einzelpersonen wie Institutionen von ihrem Recht Gebrauch machen, ihre Stimme zu erheben, friedlich zu protestieren und demokratische Politiken umzusetzen. Ich freue mich darauf, den Dialog mit den Bürgern von Mössingen weiterzuführen und hoffe, dass er diese Ziele unterstützen wird. Wie bereits bei unserem ersten und zweiten Besuch haben so viele Menschen auch in diesem Jahr hart gearbeitet, um meine Familie willkommen zu heißen.“
Harold Livingston, Sohn von Artur Löwenstein (2013)
„Ich bin sicher, dass sich alle Mitglieder der Löwenstein-Familie bedanken wollen: Erstens für diese große Arbeit des Löwenstein-Forschungsvereins. Zweitens für die öffentliche Entschuldigung, die im Jahr 2009 vom damaligen Oberbürgermeister Werner Fifka für das Verhalten des Rathauses im Jahr 1935/36 ausgesprochen wurde. Drittens für die öffentliche Entschuldigung von Herrn Landrat Walter im Jahr 2011 für das Verhalten seines historischen Vorgängers. Viertens für die heutige Entschuldigung der Kreissparkasse Tübingen für das Vorgehen der damaligen Sparkasse im Jahr 1935/36.“
„Nun muss ich noch meine große Freude zum Ausdruck bringen, wenn ich von alten „Pausanern“ eine E-Mail oder eine andere Mitteilung empfange. Ich glaube, manche wollen nun ein bissle mit mir sprechen. Ich freue mich schon darauf.“
Irene Scherer, Vorsitzende des Löwenstein-Forschungsvereins (2013)
„Liebe Doris, lieber Harold, liebe Familie Löwenstein, als Ihr Euch bereit erklärtet, ein weiteres Mal nach Mössingen zu kommen, verbandet Ihr den neuen Besuch mit einer besonderen Geste. Da das jetzige Zusammensein zugleich auch eines der bislang größten internationalen Familientreffen darstellt, wolltet Ihr beide, Doris und Harold, diesen Anlass nutzen, um innerhalb der Familie den Stab der Verantwortung für die neue Freundschaft mit Mössingen an die jüngere Generation weiterzugeben. Für diese weitsichtige Geste möchten wir Euch sehr herzlich danken.“
„Unser Handeln ist keine private Angelegenheit. Die Erinnerung an den Nationalsozialismus, an Antisemitismus jener Zeit und an die Shoa ist eine öffentliche Aufgabe und muss eine öffentliche Aufgabe bleiben. Wir wollen mit unserem bürgerschaftlichen Engagement und mit einem partnerschaftlichen Netzwerk unseren Beitrag leisten, dass Geschichtliches nicht vergessen wird und dass erkennbar wird, wie scheinbar Zurückliegendes bis heute unseren Alltag beeinflusst. Dabei hilft uns ein Wort von Elli Wiesel: „Erinnerung muss Menschen zusammenbringen, anstatt sie zu trennen.“